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Birgit Detig

Cities Director Berlin und Hamburg

Das Leben in der Stadt verspricht eine höhere Lebensqualität – gute Infrastruktur, gute Erreichbarkeit und zahlreiche Möglichkeiten. Aber wie können wir dieses Versprechen auch weiterhin halten, wenn urbane Zentren aufgrund der steigenden Weltbevölkerung weiterwachsen?

 

Städte müssen sich an die sich ständig verändernde Welt anpassen und auf globale Veränderungen wie den Klimawandel, den Verlust der Biodiversität und soziale Erwartungen reagieren.

Gleichzeitig hat jede Stadt einen einzigartigen Charakter, der durch ihre Kultur, Systeme sowie geografische und demografische Merkmale definiert ist. All diese Elemente müssen berücksichtigt werden. So wird sichergestellt, dass bei der Planung der Städte der Zukunft auch weiterhin die Bedürfnisse ihrer Bewohner*innen an erster Stelle stehen.

Der Begriff der „Green Economy“ wurde erstmals von den Vereinten Nationen in Zusammenhang mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung geprägt. In einer Green Economy werden Beschäftigungs- und Einkommenswachstum durch öffentliche und private Investitionen in wirtschaftliche Aktivitäten, Infrastruktur und Vermögenswerte vorangetrieben. Kohlenstoffemissionen und Umweltverschmutzung werden so verringert, die Energie- und Ressourceneffizienz verbessert sowie negative Auswirkungen auf die Biodiversität und das Ökosystem verhindert.

In einer Green Economy verursacht Wachstum nur geringe Kohlenstoffemissionen. Sie wird durch digitale Innovation gestützt und ist der Schlüssel für eine nachhaltige Stadtplanung. 

 

Was macht unsere Städte so einzigartig?

Jede Stadt hat ihre eigenen Stärken – von ihrem vielfältigen Erbe über ihre Ressourcen bis hin zu ihrem urbanen Ökosystem. Und all das bringt das Gefühl von lokalem Stolz und lokaler Identität mit sich. Doch wie kann dies zum Vorteil einer Stadt genutzt werden, wenn es um langfristige, nachhaltige Entwicklungsziele geht?

In den letzten Jahren haben sich unser Leben, unsere Arbeit und unsere Freizeitgestaltung stark verändert. Daher ist es nur natürlich, dass sich die Städte um uns herum ebenfalls weiterentwickeln müssen, insbesondere angesichts des Klimawandels. Viele Städte stehen zudem vor zunehmenden Herausforderungen in der Lieferkette und politischen Unruhen. Vor diesem Hintergrund müssen wir uns überlegen, wie wir nachhaltige Städte planen und entwickeln können, die für die Zukunft widerstandsfähig bleiben.

Der Erfolgsfaktor liegt dabei in der Art und Weise, wie Städte ihre Alleinstellungsmerkmale nutzen, um beispielsweise ihre ökologische Nachhaltigkeit zu verbessern. In Skandinavien ist diese Kompetenz besonders stark verbreitet – eine Region, die wegen ihrer exzellenten Umweltpolitik in unserem Sustainable Cities Index sehr gut abschneidet. Berlin landet in dieser Kategorie auf dem fünften Platz. Die Hauptstadt überzeugt unter anderem mit vielen Grünflächen und einer geringen Umweltbelastung. Optimierungsbedarf sieht der Index aber vor allem im Bereich der Treibhausgasemissionen. Würden diese reduziert, könnten deutsche Großstädte im globalen Vergleich eine absolute Vorbildfunktion in Sachen ökologisch-nachhaltiger Stadtplanung einnehmen: Mit Hamburg, München und Frankfurt/Main gehören in dieser Kategorie drei weitere zu den Top 15. Das hohe Nachhaltigkeitsbewusstsein sorgt hier offensichtlich für positiven Transformationsdruck. Höheres Optimierungspotenzial zeigen dagegen gerade US-Städte wie Miami und New Orleans, die besonders anfällig für die negativen Folgen des Klimawandels sind. Sie belegen Plätze in der unteren Hälfte der Dimension "Planet" unseres Index. Diese Städte müssen höherer Anstrengungen in den Bereichen Klimaschutz und -resilienz, Emissionsreduzierung, Umweltmanagement und Energieeffizienz unternehmen.

 

Welche Ansprüche haben die Menschen an die Städte und Gemeinden, in denen sie leben?

In unserem Sustainable Cities Index untersuchen wir die städtische Nachhaltigkeit aus der Perspektive des Wohlstands. Um wirklich nachhaltig zu sein, müssen Städte nicht nur ihre Wirtschaft vorantreiben, sondern auch auf eine gesunde Umwelt und die Lebensqualität der dort lebenden Menschen achten.

Bei ihrer Umgestaltung müssen Städte die Bedürfnisse aller Bürger*innen berücksichtigen. Jede*r sollte Zugang zu den Ressourcen haben, die er/sie benötigen, um erfolgreich zu sein. Extreme Wetterereignisse nehmen immer weiter zu. Die Auswirkungen dieser Ereignisse sind nicht gleichmäßig innerhalb der Städte verteilt – daher muss Klimagerechtigkeit ein zentraler Bestandteil der Entscheidungsfindung sein.

Wenn wir echten positiven Wandel wollen, müssen alle Interessengruppen – Regierungen, Stadtbezirke, Kommunen, Geschäftsbezirke, Stadträte und Bürger*innen gleichermaßen – eine Stimme haben und mithilfe einer „systemischen Denkweise“ zusammenfinden. Wir müssen erkennen, dass wir gemeinsam mehr erreichen können. Wir müssen zusammenarbeiten, um mutige Schritte zu unternehmen – um Städte zu gestalten, die lebensfähig, inklusiv und erschwinglich sind.

Wir sehen diese Entwicklungen in Städten wie dem britischen Glasgow. Dort ist die (im Wortsinne) erstklassige Platzierung in der Säule „People“ Ergebnis einer konsequent nutzer*innen- und bürger*innenorientierten Stadtplanung. Projekte wie das „Glasgow Liveable Neighborhoods Programme“ sind entscheidend für das Gelingen der sozial nachhaltigen urbanen Transformation. Ein Programm, bei dem wir selbst aktiv mit der lokalen Gemeinschaft und den Interessenvertreter*innen zusammenarbeiten, um Gestaltungsvorschläge zu erarbeiten.

Berlin hat in der Dimension „People“ die Top 10 knapp verpasst, während München, Frankfurt und Hamburg im internationalen Vergleich sogar „nur“ auf oberen Mittelfeldplätzen rangieren. Mögliche Stellschrauben für Verbesserungen sieht der Index hier im sozialen Handeln der genannten Städte, der Optimierung von Gesundheits- und Bildungswesen sowie dem ÖPNV-Ausbau. Im innereuropäischen Vergleich offenbart sich hier also Nachholbedarf für Deutschland: Mit 15 europäischen unter den bestplatzierten 20 Städten in dieser Kategorie ist das Wettbewerbsfeld in der Disziplin „urbane Lebensqualität“ auf dem Kontinent hart umkämpft.

 

Lösungen, die mit Innovationen Schritt halten

In der Stadtplanung müssen die Auswirkungen auf Ressourcen, Gesundheit und soziale Gleichberechtigung ganzheitlich betrachtet werden. Es gibt viele Herausforderungen zu meistern – wie die Auswirkungen der städtischen Entwicklung auf die Nachhaltigkeit und die Frage, wie sich dies in konkrete flächendeckende Maßnahmen übersetzen lässt. Doch es gibt auch Lösungen.

Durch das verstärkte Engagement politischer Entscheidungsträger*innen und unterstützt durch staatliche Investitionen und Infrastrukturgesetze sind sowohl Kommunen als auch Bauträger bestrebt, zu nachhaltigeren, kohlenstoffarmen Energiequellen zu wechseln. Doch das Tempo, mit dem Innovation und Digitalisierung stattfinden, erschwert das nötige Vertrauen in große Investitionen. Sie sind nötig, um heute intelligente Entscheidungen zu treffen und gleichzeitig Innovationen in der Zukunft zu planen.

Hinzu kommt, dass die schnelle Urbanisierung und der zunehmende Klimawandel dazu führen, dass Städte sofort große, gewagte Fortschritte machen müssen.

Die Komplexität und das Tempo dieser Trends erschwert es politischen Entscheidungsträger*innen, Regierungen und privaten Unternehmen, den richtigen Zeitpunkt für Projekte zu ermitteln und festzulegen, wo und wie Investitionen am besten gemanagt werden. Das kann zu einer gewissen Lähmung bei Entscheidungen und Analysen führen.

Gestärktes Vertrauen in die Entscheidungsfindung ist von zentraler Bedeutung. Lösungen für intelligentes Wassermanagement können beispielsweise Kund*innen und Gemeinden dabei unterstützen, eine unserer wertvollsten Ressourcen zu schützen: Wasser. In Zusammenarbeit mit HydroNET stellen wir die notwendigen digitalen Tools zur Verfügung, um extreme Wetterbedingungen vorherzusehen und datengesteuerte und nachvollziehbare Entscheidungen für die Verwaltung einer wassersicheren Umwelt zu ermöglichen. Das System hilft Kommunen und Wasserbehörden, indem es die Zeit- und Kostenbelastung für die Erstellung von Hochwasserberichten deutlich reduziert. Es verbessert die Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit und macht Gemeinden widerstandsfähiger.

Ein weiteres Beispiel ist unser Flood Risk Calculator. Das Tool berechnet das Hochwasserrisiko und bewertet die standortspezifischen und kollektiven Auswirkungen einzelner Hochwasserereignisse auf Gebäude innerhalb der Hochwasserebene. Außerdem bewertet es die Auswirkungen eines größeren Anstiegs des Meeresspiegels in Projektbereichen – von kleinen Vierteln bis hin zu großen Metropolregionen. Arcadis nutzte es in Stadtvierteln mit nur wenigen hundert Gebäuden, um Förderanträge zu beschleunigen. Diese Viertel finden sich in Huntsville, Alabama und Tarpon Springs, Florida. Das Tool wurde auch verwendet, um das Risiko in allen fünf Stadtteilen von New York zu bewerten, in denen sich über eine Million Gebäude befinden.

Eine derartige Schadenquantifizierung für Stadtviertel beschleunigt die Bewertung von Maßnahmen zur Risikoreduzierung, die im Rahmen von Hochwasserschutzprojekten umgesetzt werden.

Was wir jetzt brauchen, sind solche Investitionsgelegenheiten, die kein oder nur ein geringes Risiko mit sich bringen. Politische Steuerung, Partnerschaften zwischen öffentlichem und privatem Sektor sowie kleine Pilotprojekte, um Innovationen zu testen, sind der Schlüssel zur Entwicklung eines nachhaltigen urbanen Masterplans.

Nur mit einem ganzheitlichen Ansatz, der alle Aspekte unserer Städte mit lebensnahen Lösungen berücksichtigt, ausgerichtet auf die Bedürfnisse der Bürger*innen, kann die Planung resilienter und erfolgreicher Städte gelingen.